10 Stunden Zugfahrt oder Im Schüttelbecher nach Mawlamyine

Klimatisierter Bus oder Zug? Möchten wir doch möglichst nahe beim Volk sein entschieden wir uns, die 280 km lange Strecke in den Süden per Eisenbahn zurückzulegen. Schon das Organisieren der Tickets war ein besonderes Abenteuer.

Die Bahnbillette müssen mindestens einen Tage vor Abreise gekauft werden. In einem unscheinbaren Hinterzimmer des Bahnhofs in Yangon wurden uns erst einmal Stühle angeboten und unsere Pässe genaustens kontrolliert. Während uns der freundliche Herr auf seinem hölzernen Bürostuhl handschriftlich die Tickets ausstellte, raste eine Maus quer durch den heruntergekommenen Raum. Mara hatte ihre helle Freude daran, doch sonst schien sich niemand für das graue Tier zu interessieren. Nun ja, nach ca. einer Viertelstunde hielten wir für umgerechnet ca. Sfr. 4.- pro Person drei Tickets in der Hand.

 

07.15 Uhr. Pünktlich rattert der alte Zug aus dem Bahnhof von Yangon, vorbei an einfachen Stelzenhäusern, wenig einladenden Betonbauten und etlichen Abfallhaufen. Der Wagon ist gut besetzt. Die reservierten Sitzplätze sind grosszügig bemessen. Erste Ticketkontrolle. Natürlich werden auch da wiederum unsere Pässe kontrolliert. Der Begleiter des Kondukteurs zurrt unsere Rucksäcke fest. Wie es sich herausstellt, weiss er ganz genau was er tut, denn kaum sind wir aus der dichter besiedelten Stadt heraus beschleunigt der Zug. D.h. Wir fahren ca. 40km/h. Der Zug schwankt heftig. Ein mulmiges Gefühl kommt auf. Haben wir uns wirklich richtig entschieden, die nächsten 10 Stunden in diesem Gefährt zu verbringen? Das Schwanken wird weniger, doch nun rüttelt und schüttelt der ganze Zug so, dass wir uns fühlen als ob wir auf einem Riesentrampolin wären. Die Sitzreihen, bei denen die Schrauben der Verankerung fehlen, drehen sich um ihre eigene Achse. Mit einem Lächeln im Gesicht nehmen es die Passagiere ganz gelassen. Die Zugreisenden jeden Alters, so scheint es, sind ausser uns und zwei Japanern ausschliesslich Einheimische. Schon bald entdecken wir aber noch einige blinde Passagiere. Zu Mara's Freude laufen immer wieder einige Mäuse durch den Zugkorridor. Eine ganze Mäusefamilie!

 

Die vorüberziehende Landschaft wechselt zwischen riesigen Reisfeldern, Sumpfgebieten und mit Palmen gesäumten Feldern. Bei dem gemächlichen Tempo können wir die Menschen entlang der Bahngeleise ganz nah erleben. Sie arbeiten in Ziegelbrennereien, pflügen mit Ochsenkarren ihre Felder, schneiden den Reis, kochen, sind mit dem Fahrrad unterwegs, liegen in der Hängematte..... Die Kinder spielen im Garten oder auf den Bahngeleisen, sind unterwegs zur Schule und kaum treffen wir an einer Bahnstation ein, versammelt sich meist eine ganze Kinderschar vor den Fenstern (d.h. neben dem Zug, denn es gibt gar keine Fenster).

 

Obwohl wir bei dem Gerüttel und Geschüttel im Zug weder lesen noch schreiben können, wird es uns während den 10 Stunden nie langweilig. Es gibt sooo viel zu sehen. An den Bahnstationen steigen jeweils einige Verkäufer ein. Oftmals auf den Köpfen tragen sie Körbe voller Fisch, Süssgebäck, Maiskolben, Klebereis.... Auch Kaffee, Tee oder etliche eisgekühlte Getränke werden angeboten. An der nächsten Haltestellen steigen die Händler wieder aus und es kommen wieder Andere. Wir müssen also bestimmt nicht hungern oder dursten. Da die Zugtoilette wenig einladend ist sind wir aber sehr zurückhaltend mit dem was wir zu uns nehmen und hoffen diese möglichst wenig beützen zu müssen.

 

Sandra