Rückblick Myanmar

Nach Thailand erlebten wir in Myanmar noch einmal eine andere Welt. Hier scheint alles etwas anders. Lustigerweise herrscht hier seit 1970, von einem Tag auf den anderen wieder Rechtsverkehr, obwohl noch viele Fahrzeuge älteren Jahrgangs das Lenkrad auf der falschen Seite haben. Wer mit einer Portion Geduld und Gelassenheit reist, erlebt ein reiches Land mit vielfältigen Landschaften, Kulturschätzen und einer grossen Anzahl ethnischer Volksgruppen. An den Grenzregionen gibt es immer wieder bewaffnete Konflikte, auch während unseres Aufenthaltes. Der Buddhismus als Volksglaube und Lebenseinstellung zugleich ist überall spürbar. Die Reiseplanung wird erschwert durch unzuverlässige Informationen über Unterkünfte, Fahrpläne, Preise und die aktuelle politische Lage. Die Leute leben einfach, aber nicht armselig.



Min-ga-laa-ba oder was tun, wenn man nur Bahnhof versteht?

Der Gruss “Ming-ga-laa-ba“ gilt am Morgen, Mittag oder Abend. Es ist eines der wenigen uns geläufigen Wörter. Die Sprachbarriere macht es schwierig, mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen, Englisch spricht nur eine Minderheit, vor allem in den Städten. Im Burmesischen spielt die Tonhöhe eines Wortes eine wichtige Rolle. Deshalb ist es für uns schwer, mehrere Reisevokabulare zu erlernen. Kommt hinzu, dass in einigen Regionen andere Dialekte gesprochen werden. Aber für etwas hat man ja noch Hände und Füsse. Der mitgebrachte Foto dictionary oder traveller's language kit “point it“ mit Bildern erweist uns gute Dienste, wenn alles andere versagt.


Ein Nebeneffekt ist, dass wir uns anderen Touristen wie Schweizern, Deutschen, Holländer oder Belgiern gegenüber plötzlich viel näher fühlen und uns gerne mal auf ein Schwätzchen einlassen. Von einer lieben Aargauer Familie, die wir zufällig und kurz in einem Guesthouse antreffen erhalten wir beispielsweise spontan den Roman “Das Herzenhören“ von Jan-Philipp Sendker geschenkt. Undenkbar, dass uns dies in der Schweiz so passieren würde. Es ist übrigens ein empfehlenswerter Roman, mit dem man sich sehr gut dem Denken und Fühlen der Burmesen annähern kann. Sie wirklich zu verstehen, bleibt für die meisten von uns Europäern wahrscheinlich ein Ding der Unmöglichkeit.


Natur und Umwelt

Etwa die Hälfte der Landesfläche Myanmars besteht heute noch aus Wäldern, besonders Teakholz, die wichtigste Einnahmequelle während der Kolonialzeit. Schön anzusehen sind auch die gelben Cassiabäume, rote Bäume (Flamboyant, Seidenwollbäume), Avocado und Kirschbäume und die Palmyrapalmen. Aus ihrem Saft gewinnt man den Palmzucker und Palmwein, auch "Burmesisches Bier“ genannt. Auf der Arecapalme wächst die Nationaldroge des Landes, die Betelnuss.

Myanmar ist angeblich das Land mit der stärksten Sterberate durch Schlangenbisse. Die gefährlichsten sind Kettenviper (Russel's Viper) und die Königskobra.

In Myanmar herrscht tropisches Monsumklima mit drei Jahreszeiten: die Regenzeit, die kalte und die heisse Zeit. Ungefähr jedes dritte Jahr sind die Überschwemmungen so stark, dass die Leute durch manche Dörfer mit dem Boot fahren. Berichten anderer Touristen zufolge soll es während dieser Zeit kaum zum aushalten sein, alles ist voller Schlamm, es stinkt und ist feucht-heiss.


Buddhismus und Co.

Die meisten Burmesen sind immer noch sehr stark im Buddhismus verankert, deshalb hier ein paar Zeilen dazu für jene, die sich noch nie mit dieser uralten und interessanten Weltanschauung befasst haben. 89% der burmesichen Bevölkerung sind Theravada-Buddhisten. Der Theravada-Buddhismus ist die einzige überlebende Schule des Hinayana, des „kleinen“ Fahrzeugs zur Erleuchtung, im Gegensatz zum Mahayana-Buddhismus, der als das „grosse“ Fahrzeug bezeichnet wird. Ziel des Theravada ist es, die ursprüngliche Lehre des Buddha zu praktizieren, um schliesslich im Nirvana zu landen, man kennt nur eine begrenzte Anzahl Buddhas. Der an Göttern reiche Mahayana-Buddhismus hat Mitgefhühl zum obersten Ziel, kennt zahlreiche Bodhisvattas als Helfer zur Erleuchtung und unzählige Buddhas.

Der Buddhismus ruht auf drei Säulen, der Person Buddha, seiner Lehre (Dhamma) und der Gemeinschaft der Gläubigen (Sangha). Der Buddha ist, symbolisch gesprochen der grosse Arzt, der das Leiden der Menschen diagnostiziert hat, der Dhamma ist das von ihm empfohlene Heilmittel und die buddhistische Gemeinde (Sangha) ist der Krankenpfleger, der diese Medizin verabreicht.

Trotz strengster 6-jähriger Askese fand Siddhattha Gotama (Buddha mit seinem richtigen Namen) keine Erleuchtung. Er begann wieder zu essen und meditierte. Mit 35 Jahren erlangte er unter einem Feigenbaum sitzend die vollkommene Einsicht in die Ursache aller Dinge und die Erlösung vom Kreislauf der Wiedergeburten.

Der Dhamma spricht von den vier edlen Wahrheiten und auch davon, wie dem Leiden ein Ende gesetzt werden kann, nämlich mit dem edlen achtfachen Pfad, vielleilcht vergleichbar mit den 10 Geboten im Christentum. Dazu gehören die Vermeidung von Lüge, übler Nachrede und Taten die anderen schaden, der “vollkommene Lebenserwerb“, ständige Bewusstheit und andere mehr.


Die mit roten Gewändern gekleideten Mönche trifft man überall an. Sie geniessen in der Bevölkerung grossen Respekt, weil sie sich zu diesem kompromisslosen Weg entschieden haben. Das Mönchsleben erfordert grosse Disziplin. So gibt es 227 Regeln zu befolgen, z.B. dürfen nur acht Dinge besitzt werden und von Mittag an keine feste Nahrung zu sich genommen werden. Jede Familie ist stolz, wenn sie einen Mönch in ihrer Mitte hat. Einige Mönche gehen auch nur für kurze Zeit ins Kloster.


Leben in ständiger Willkür

Hier zum besseren Verständnis der heutige Situation nur ganz kurz ein paar herausgepickte geschichtliche Geschehnisse, die das Land geprägt haben. Burma, ursprünglich Königreich Siam genannt, hat eine lange Geschichte, die geprägt ist von vielen Kriegen und Konflikten. Lange vor unserer Zeitrechnung wurde das Land indisiert. Das heisst, “Mutter Indien“ hatte ihre Mythologie, Religion, Kunst, Schrift und Sprache nach “Hinterindien“ weitergegeben. Im 9. Jh. wanderten burmesische Nomadenstämme aus dem tibetsichen Grenzgebiet ein. Um 1500 erreichten die Portugiesen das Land. Diverse Hauptstädte und Könige wechselten sich ab. Um 1824 eroberten die Briten Teile Burmas, wurden aber 1942 von den Japanern wieder vertrieben. Die Eröffnung der Eisenbahnlinie Yangon-Mandaly im Jahre 1889 und die Eröffnung des Suezkanals 1968 gaben dem Land grossen wirtschaftlichen Auftrieb. 1962 putschte General De Win und leitete mit dem nationalistisch-buddhistischen Weg zum Sozialismus die Isolation des Landes ein (vgl. Buchempfehlung Sao Thusandi). Kompensationslose Geldentwertungen sorgten 1987 zur Verarmung in der Bevölkerung und zgfür grossen Unmut. 1990 gewann Aung San Suu Kyi die Wahlen. Dies bewirkte keinen Machtwechsel, aber immerhin wirtschaftliche Reformen. Die Proteste von Mönchen und Zivilisten im Jahr 2007 wurden mit Gewalt unterdrückt. Das Militär blieb an der Macht.


In Myanmar leben Dutzende verschiedener Volksgruppen, die über 100 verschiedene Sprachen und Dialekte sprechen. 69% der Bevölkerung sind Nachfahren der einst von Tibet nach Süden gewanderten Burmanen-Stämme. Die Bevölkerung leidet heute noch unter der Militärdiktatur sowie unter einer starken Einschränkung der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit.

Noch heute sind Millionen von Menschen auf der Flucht und möchten das Land verlassen. Wer einmal das Land verlassen hat, kann nicht damit rechnen, wieder einreisen zu dürfen. Da geht es uns mit dem Schweizer Pass wesentlich besser, und wir schätzen dies einmal mehr.


Auch wir hörten vor rund zwei Wochen von Meldungen, dass in der Grenzregion zu Bangladesh 80 Menschen umgekommen seien. Das DEZA hat dies zwar nicht bestätigt, aber auch andere Touristen rieten uns ab, in diese Region zu reisen.

Wir können als Reisende in Myanmar lediglich versuchen, unsere Ausgaben für Unterkunft, Eintritte, Touren und Verkehrsmittel möglichst direkt über die (kleinen) Anbieter vor Ort zu tätigen. Die grossen oft teuren Hotels bezahlen meistens einen grossen Teil der Einnahmen ans Militär. Je teurer, umso verdächtiger! Aber man hört verschiedene Meinungen und Ansichten darüber. Schon Buddha hat geraten, nichts zu glauben, ohne es selbst geprüft zu haben. Das Land ist eben komplexer als man denkt.

NZZ-Bericht über Burmas Reformkurs


Budget / Preise

Die Preise für Übernachtungen sind hier höher als in Thailand. Noch immer ist die Reisefreiheit eingeschränkt. Die Preise können täglich ändern, für Touristen wird oft ein höherer Spezialpreis verlangt. Um zu den notwendigen Informationen vor Ort, übers Internet oder mit Durchfragen zu gelangen, investierten wir viel Zeit. Bei einem Kurzaufenthalt bis zu vier Wochen würden wir heute empfehlen, die wichtigsten Tickets und Unterkünfte im Voraus zu organisieren oder sich sogar einen Führer zu organisieren. Dies kostet zwar etwas mehr, doch weniger als ein Arrangement nach Baukastenprinzip in einem Reisebüro.


Wir hatten ein 28-Tage Visum. Unsere durchschnittlichen Ausgaben pro Tag für drei Personen bewegte sich bei Sfr. 60.- , inkl. einfache Unterkünfte (meistens 2 Einzelbetten, die wir dann zusammengeschoben haben), Inland-Transportmittel (Bus und Zug), Essen, Eintritte, Souvenirs und Visakosten. Wer in der oberen Preisklasse unterkommt und sich verpflegt, kann gut und gerne mit dem doppelten oder dreifachen Betrag rechnen.


Persönlich Frage an uns

Was hat dir am besten gefallen und was eher nicht?


Thomas: Das einfache, ursprüngliche und noch weitgehend unabhängige Leben in den Bergdörfern Myanmars hat mich fasziniert. Trotz (oder gerade wegen) eines Lebens mit dem Minimum an Materiellem und eingebettet in die Familie scheinen die Menschen glücklich. Der 3in1-Pulverkaffee von Nestlé und die zahlreichen Betelnüsse kauenden Menschen, die den roten Speichel danach auf den Boden spucken, könnten mit der Zeit zu Depressionen und Hautausschlag führen ;-) .


Sandra: Beim Anblick der Landschaft an einem Höhlenausgang in der Umgebung von Hpa-an habe ich eine einmalige Ruhe und Zufriedenheit empfunden. Ich hoffe dieses Gefühl, ebenso wie die friedvolle Stimmung, die wir in einigen Bergdörfern gespürt haben, noch lange in mir tragen zu können. Die Einfachheit mit der so viele der Menschen in Myanmar leben hat mir einmal mehr gezeigt, dass Glück nicht mit materiellem Besitz gekoppelt ist.

Die stinkigen Gassen in den Städten, die vor Abfall zu überquellen drohen lösche ich lieber aus dem Erinnerungsvermögen meines Geruchsinns.


Mara: Mit den Mäusen im Zug fahren war cool. Ich bekam immer ganz viele Geschenke von den Leuten, z.B. Mandarinen. Mein Geburtstag und die Weihnachten fand ich natürlich sehr speziell und cool.

Dass wir mit den grossen Rucksäcken zu den Bussen laufen mussten war sehr streng. Immer sagten alle Baby zu mir weil sie nicht wissen wie man Mädchen oder Kind sagt. Das hat mich manchmal genervt!