Gastfreundschaft in Bagan

“Bagan muss man einfach gesehen haben!“ Diesen Tip bekommt man als Myanmarreisender ganz bestimmt. Ebenso gibt es überall wunderschöne Bilder unzähliger Tempel im Licht des Sonnenauf- oder -untergangs zu sehen. Normalerweise meiden wir die typischen Touristenziele eher, doch in Myanmar ist es bedeutend schwieriger, zuverlässige Informationen über Transportmittel und Unterkünfte zu finden, wenn man sich etwas abseits dieser Hochburgen bewegt. Und wir wollten es dieses Mal einfach selber wissen. Ist es wirklich möglich, 2300 Tempel alleine in der Umgebung von Bagan?


Zur Erkundung der Umgebung entschieden wir uns fürs Fahrrad (Sfr. 1.50 pro Tag) mit gepolstertem Gepäckträger, auf dem Mara mitfahren durfte. Häufig trafen wir auch andere Fortbewegungsmittel an wie Pferdekutschen, E-bikes oder etwas seltener Ochsengespanne.

Pünktlich zum Sonnenaufgang erreichten wir den Tempel vor Old Bagan. Nach dem Erklimmen der steilen Treppen ist der Ausblick auf die unzähligen Stupas, Tempel und Ballone, die um diese Zeit hier aufsteigen einfach überwältigend. Allerdings mussten wir das Vergnügen mit Massen von fotohungrigen Touristen teilen und somit blieb die Romantik etwas auf der Strecke.

 

In Neubagan liessen wir uns in einem Strassenrestaurant ein Frühstück schmecken und beobachteten als einzige Langnasen das geschäftige Treiben um uns herum. Wie so oft stand Mara im Mittelpunkt, alle wollten sie berühren und fotografieren. Gut ist unser “beautiful baby“ wie sie überall genannt wird nicht blond!


Auf unserer weiteren Fahrradtour durch den “Dschungel“ von Pagoden haben wir so manche Bauwerkskunst bestaunt, doch als wir an dem grossen Schild mit der Aufschrift “nuclear catastrophe overcome pagoda“ vorbeiradelten, wurden wir besonders neugierig. Wir fragten nach, denn wir sahen weit und breit keine Pagode. Ein altes Ehepaar führte uns mit einem begeisterten Lächeln durch ein verschlossenes Tor vorbei an ihrem Haus, einen steilen Weg hinunter bis zum Fluss. Da. Ein kleiner fast unscheinbarer Tempel, ausser dem Namen nichts Spezielles. Und doch war dieser Abstecher wieder einmal ein Erlebnis der besonderen Art. Als wohl eine der ersten Tourtisten, die nach dieser Pagode fragten, wurden wir herzlichst empfangen und gleich nach deren Besichtigung zu Früchten und Palmzuckerkugeln ins Haus, eine Art grosser Lagerraum, eingeladen. Mara war auch da natürlich einmal mehr der Star.


Da wir nach gut einem halben Jahr Reisen etwas organisationsmüde geworden waren, wollten wir uns in Bagan für einige Tage etwas ausruhen. Diese Entscheidung schien genau richtig zu sein. Noch am selben Tag der Einladung nahe der “Nuclearpagode “fühlte sich Thomi unwohl. Nach einer eher unruhigen Nacht zwischen Toilette und Bett war er dann auch froh, den Tag einfach nur im Bett verbringen zu können. Mara hatte es ebenfalls erwischt. Auch sie hatte für zwei Tage Verdauungsprobleme. Nach einem halben Jahr Reisezeit sind wir dankbar, dass dies bis jetzt der einzige gesundheitliche Zwischenfall gewesen war.

Internet und Skype sind hier nicht oder nur mit miserabler Qualität zu finden. Eine Telefonleitung nach Europa gibt es im Dorf angeblich und nach ausgedehnten Recherchen nicht, nur nach Japan und Malaysia reicht die Leitung, danach ist sie zensuriert. Dieser Umstand gibt uns etwas zu denken, vor allem nachdem wir uns die öffentlich angeschlagenen Bilder des Spitals angesehen haben (Stichwort Hygiene). Wir fragen uns, was hier denn eine Krankenversicherung nützt, wenn die Helpline nicht erreichbar ist.


Über Bagan gibt es ansonsten nicht viel zu sagen. Es ist sehr touristisch und an vielen Orten sind die einheimischen Marktverkäufer aufsässig, wie sie uns nirgendwo sonst begegnet sind. In den 6 Tagen, die wir in Nyaung U / Bagan verbrachten, waren wir oft einfach im Dorf unterwegs auf Erkundungstour. Zweimal begegneten wir einem Beerdigungszug. Ein Toyota-Leichenwagen fährt voraus, viele Mopeds hinterher, gefolgt von diversen überfüllten Kleinbussen. Im nahegelegenen Vegetarierrestaurant wurden wir bald wie Freunde aufgenommen und fühlten uns mit jedem Tag ein bisschen heimischer. Nachdem Mara z.B. einmal von einer 7-köpfigen Familie voller Freude über unsere Anwesenheit in dessen armselige Hütte gezerrt und mit Süssigkeiten vom kleinen Laden nebenan beschenkt wurde, kannte uns in diesem Quartier wohl jeder. Bei einem Besuch einige Tage später wurden wir von einer ganzen Menschenschar empfangen. Wir brachten einige von Mara's Kleidern mit, die ihr unterdessen zu klein geworden waren, schenkten den Kindern Kreisel und spielten mit ihnen Gummitwist.

 

 

Tom/Sandra